Diesen Beruf kann man doch nicht ernsthaft freiwillig ausüben, das kann mir doch keiner erzählen.
Im Bekanntenkreis muß man schon ziemlich gut überlegen, ob man das offenlegen will, es kommt ja geradezu einem Stigma gleich. Daß man auf diese Weise tatsächlich sein Einkommen bestreitet. In der Liste beliebter und angesehener Berufe landet man dauernd auf den letzten Plätzen.
Ständig muß man sich mit Leuten auseinandersetzen, mit denen man eigentlich nichts zu tun haben will, die einem ständig den eigenen Willen und persönliche Wünsche aufdrücken wollen und die dabei nicht den geringsten Respekt vor Privatsphäre und Selbstbestimmung aufbringen. Aber was soll man machen – die bezahlen einen ja. Wenn auch nicht besonders gut.
Daß man nicht frei entscheiden kann und an Bevormundung gebunden ist, komplettiert das Bild. Presse und Öffentlichkeit wissen immer alles besser, wollen reinreden und einem dauernd das Verhalten regulieren.
Pausenlos wird man angefeindet, hinter den Kulissen laufen Intrigen und nur mit Glück kennt man Leute, auf die man sich wirklich verlassen kann. Freunde macht man sich in der Branche wenige, aber viele Feinde, und nicht alle kennt man.
Kaum erträglich die Unsicherheit, ob und wie lange man noch davon leben kann. Wenn man nicht konsequent tut, was von einem erwartet wird, ist man sofort raus und die Karriere gelaufen. Und wenn man sein Leben lang nichts anderes gemacht hat, kommt man auch nicht leicht wieder auf die Beine.
Und es ist ja auch nicht so, als wäre das wenig Arbeit. Sieben Tage die Woche bis spät in die Nacht sind völlig normal. Urlaub ist kaum unterzubringen, und wenn es ganz dumm läuft, sitzt nach deiner Rückkehr jemand anderes auf deinem Platz.
Nein, Spitzenpolitiker wäre keinesfalls ein Beruf für mich.